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    [Briefkopf Wien] 1. Jan. 1918

    Lieber Herr Doktor

    Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Neujahrsgruß, dem Sie und Ihre liebe Frau noch eine materielle Verstärkung vorausgeschickt haben. Wieviel solche Dankschreiben habe ich im Laufe dieser Jahre schon an Sie gerichtet? Ich bin wirklich nicht arm an treuen Freunden, die mich auch für viel anderes Versäumtes entschädigen.

    Ich habe von meinen Kriegern nichts Übles zu berichten. Einer1 sitzt freilich an der unteren Piave, aber Ernst ist doch zu Hause und scheint sich vom garstigen Handwerk noch länger fernhalten zu wollen. Wir halten noch immer Vereinssitzungen und lassen die Zeitschriften drucken, obwohl uns die Papiernot droht, Leser und Abnehmer fehlen und vor allem die Stimmung bedenklich nachläßt. So eine Art von grimmiger Resignation bleibt übrig.

    Wenn Sie im März nach Karlsbad reisen, findet sich endlich die Gelegenheit, Sie mit Ihrer Frau an unserem Tisch zu sehen.

    Ich wünsche Ihnen das Bestmögliche in diesem noch rätselhaften 1918.

    Herzlich Ihr

    Freud