S.
[Briefkopf Wien] 7. 6. 1927a
Lieber Max
Auch Sie unter den Schwärmern! Jenes „fast“ dankt seinen Ursprung einer noch immer nicht aufgegebenen Illusion, daß es Pichler gelingen wird, den letzten Anstoß zu beseitigen, und daß ich dann wieder mit Menschen verkehren kann, ohne an die Stelle imb Kiefer mehr zu denken als an den Menschen. Aber die letzte Stelle ist immer nur die vorletzte, und unterdes kommt Neues hinzu, so jetzt eine Periostitis,1 mit der ein Zahn ankündigt, daß er nicht mehr Lust hat, an der Last mitzutragen, und so geht diese den Weg aller anderen Illusionen.
Ich lege Ihnen heute einen Scheck auf 20.000 Schilling für den Verlag bei. Nachdem ich erfahren, daß die Verwendung der $ 5000 ausschließlich mir überlassen ist, habe ich sie so geteilt, daß 15.000 S. dem Lehrinstitut, 20.000 dem Verlag zukommen. Der Spender ist ein alter Jude, der Miss Potter2 erklärt hat, nächstes Jahrc gebe es ebensoviel oder sogar mehr. Ich habe gefragt, wie alt er ist, und nachdem ich gehört, 73 Jahre, habe ich Miss P. aufgetragen, ihm zu sagen, ich sei 71, und wir beide hätten keine Zeit zu warten. Über den Betrag verfügen Sie jetzt nach Ihrem Ermessen.
Ich grüße Sie herzlich
Ihr Freud
P.S. Ferenczi schwimmt seit 2. Juni.3
a Einschreiben.
b Korrigiert aus: am.
c Die letzten beiden Worte korrigiert für: nächstens.
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