• S.

    [Briefkopf Wien] 14. XII. 1931

    Lieber Max

    Ehe Sie der (wohlverdiente) Urlaub verschlingt, noch einige Belästigungen von mir, eine davon wesentlich.

    a) Von Storfers Plänen scheint nicht viel übrig zu bleiben. Womit einige neue Sorgen entfallen und einige alte bleiben.

    b) Von der Indian Society bekam ich eine reizende 20 cm hohe Vishnu-Statuette, in deren Auftrag nach einem alten Steinbild in Travancore in Elfenbein kopiert.1 Dabei Brief, Protokoll, Gedicht in Sanskrit mit englischer Übersetzung, kurz mit allem Zeremoniell, Geburtstagsgeschenk.

    c)  Ich rauche wieder herzhafter und sehe mit Bangen beide letzten Berchtesgadener Kistchen der Erschöpfung nahe. Und während Ihrer Abwesenheit?

    d)  Nach einer durch Schnupfen und Bronchitis angedeuteten Grippe habe ich anhaltend Untertemperatur (35.5) und fühle [mich] entsprechend lausig.

    e)  Seit Fenichel die Redaktion übernommen,2 häufen sich in ‚Imago‘ z. B. Referate von gehässig-hämisch-überlegenem Ton gegen unsere eigenen Mitglieder, daß man wirklich als Herausgeber Einspruch erheben muß. So im Referat von Fenichel über Bemerkungen von Federn in der ‚Pädagogischen Zeitschrift‘, in anderem Referat über den armen Daly.3 So darf man nicht einmal mit verächtlichen Gegnern umgehen. Auch ein Referat von Kaiser über Zweigs ‚Heilung durch den Geist‘ mußte ich als direkt geringschätzig inhibieren.4 Ich bitte Sie, Fenichel mit ein paar Worten zurechtzurücken, ehe ich es tun muß, was doch schmerzhafter wäre.

    Herzlich Ihr

    Freud