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[Briefkopf Wien] 22. 2. 1932
Lieber Max
Martin wird Ihnen gewiß von seinem Erfolg in der Gläubigerversammlung eingehend berichtet haben.1 Der Verlag ist also dem Bankerott entgangen und bis zum Sommer gesichert. Die Lage bleibt trotzdem sehr schwierig, die Mißwirtschaft war zu arg. Daß man jetzt nur gegen Barzahlung drucken lassen kann, erfordert neue Geldmittel. Meine Absicht ist, zu Ostern einen Rundbrief an die Gruppen zu senden, der auf die Lebensnotwendigkeit des Verlags hinweist und auffordert, ihn gewissermaßen als Institution der I.P.V. zu adoptieren. In welcher Weise, das soll auf dem Kongreß entschieden werden, nachdem er2 vorher in den Gruppen erörtert wurde. Der Vorstand könnte Vorschläge als Material für diese Diskussion von sich aus den Gruppen mitteilen. Es wird kaum Schwierigkeiten bei den Deutschen finden, aber die englischen und französischen Mitglieder dafür zu begeistern, wird vielleicht nicht gelingen.
Was Sie über den Zustand Ihrer Firma schreiben, geht mir natürlich sehr nahe. Vom Persönlichen abgesehen, es war doch eine letzte Hoffnung, daß im äußersten Falle Ihr großmächtiger Vetter3 auf einen Wink von Ihnen sein Füllhorn über uns ausschütten würde. Es hätte damals ihm gewiß wenig bedeutet, aber wir hatten
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nicht das leiseste Anrecht an sein Interesse, und auch Sie werden gute Gründe gehabt haben, jenen Wink nicht zu geben.
In der Sache des XII. Bandes herrscht eine Unklarheit, die sich auf ein etwa begreifliches Feingefühl zurückführt. Ich werde mich darüber hinaussetzen. Es geht offenbar nicht an, eine Gesamtausgabe abzuschließen, solange der Autor noch lebt und noch produzieren kann. Da der Index den Abschluß voraussetzt, kann er also erst nach dem Ableben des Autors zu Ende gebracht und publiziert werden. Ob man ihn vorher vorbereiten will, so daß er Ergänzungen aufnehmen kann, ist eine sekundäre und gewiß nicht dringliche Angelegenheit. Vorderhand ist nicht genug Text vorhanden, um einen neuen Band (ohne Register) herauszubringen. Ist der Autor noch sehr fruchtbar, so kann dies ja zu seinen Lebzeiten geschehen, und dann kommt ein XIII. Bd. mit den letzten Arbeiten und dem Register nach. Derzeit stellt also die Gesamtausgabe dem Verlag keine Aufgabe, die nicht aufzuschieben wäre.
St[orfers] Brief, mir nicht unbekannt, folgt zurück.
Es geht mir sonst gut, aber ich stehe vor einer neuen kleinen Operation, die nur wegen des jetzt epidemischen Schnupfens um einige Tage verzögert wird.
Herzliche Grüße
Ihr Freud
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