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    [Briefkopf Wien] 13. Okt. 24

    Lieber Max

    Gleichzeitig mit Ihrem Brief der beiliegende von Rank aus Meran.1 Es klingt ja, als ob Europa eine gewisse Besänftigung herbeigeführt hätte, aber es wird wohl nichts ändern. Es kann sich leicht so machen, daß der Ihnen liebste Termin auch der für die Sache günstigste wird. Jedenfalls werde ich Ihnen dringend telegraphieren und sonst auf Sie warten.

    Die Idee mit Ferenczi habe ich abgelegt, weil ich weiß, daß er, wie wir hier sagen, ein „Schlampen“ ist, von dem man ordentliche Erledigung einer Routine-Arbeit nicht erwarten darf. Er könnte nur die Oberleitung führen, für die eigentliche Arbeit, die ja überhaupt einen Jüngeren braucht, hatte ich Anna als Redaktionssekretärin in Aussicht genommen. Aber ich mag sie nicht überlasten, sie hat Übersetzungen, Gratisfälle und jetzt auch zahlende Analysen, und ein großes Stück der Arbeit wäre auf mich gefallen. Ich arbeite aber jetzt nicht vier Stunden, sondern fast regelmäßig sechs. Ferenczi fände in Budapest keinen rechten Gehilfen, und für die Redaktion ist Berlin weniger Ausland als Budapest. Aus Ranks Empfindlichkeit würde ich wenig machen, der eigentliche Redakteur sollte Radó sein.

    Ich habe hier noch andere der Wiener gesprochen; wie Sie auch schreiben, sie sehen alle klar.

    In der Korrektur der ‚Selbstdarstellung‘ habe ich die Stelle über die deutsche Barbarei nicht opfern wollen. Ihr Name ist, wo Sie es wünschten, eingeschaltet.2

    Herzlich für Sie beide

    Ihr Freud