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S.
[Briefkopf Wien] 18. 8. 1932
Lieber Max
Ich habe in diesen Wochen eifrig gearbeitet und kann Ihnen heute Endgiltiges über die neuen Vorlesungen berichten. Es werden nur sechs sein:1
1. Revision der Traumlehre
2. Traum und Okkultismus
3. Angst und Triebleben
4. Zerlegung der Persönlichkeit
5. Weiblichkeit
6. Weltanschauungen.
Davon bedarf nur die letzte Umarbeitung und Reinschrift, die anderen sind so gut wie fertig.
Nach dieser Arbeit werde ich mich an die Diskussion mit Einstein im Rahmen der Völkerbundveröffentlichungen machen.2 Leider betrifft sie die Frage, wie man das Verhängnis der Kriege vermeiden kann. Ich glaube nicht, daß ich für meinen Beitrag den Friedensnobelpreis bekommen werde. Aber es ist gut, daß man immer etwas vorhat, so daß man in etwas unterbrochen werden kann. Meine Mutter wäre heute 97 Jahre alt geworden.
Ich habe mit großer Freude gehört, daß Sie sich für gesund erklärt haben. Die reaktive Erkrankung von Mirra hat hoffentlich keine längere Dauer. In der Kongreßfrage bin ich mit Anna auf Ihrer Seite, kann natürlich auch für den ungestörten Verlauf nicht garantieren.3
Die Tage sind sehr warm, mit schönem Sommergefühl. Im Nu wird uns wieder die Stadt aufgenommen haben, und unsere drei (3!) Hunde4 haben dann keinen Garten mehr.
Mit herzlichen Grüßen für Sie beide
Ihr Freud
P.S. Die Zigarren von Berchtesgaden sind mir nach der angekündigten Modifikation ebenso recht.
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S.
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